Mit Risikobereitschaft und Achtsamkeit möchte ich Sie, liebes Publikum, auf die 29. Konzertreihe des „Denzlinger Kulturkreis e. V.“ aufmerksam machen.
Der Mythos des Sängers und Dichters Orpheus faszinierte Kunstschaffende aller Sparten und Zeiten, so dass er zum Prototyp des Musikers und Künstlers schlechthin wurde. Man kann Gesang als Urform der Kunst ansehen.
Um seine geliebte Eurydike wieder aus dem Totenreich zurückzuholen, musste Orpheus die Geister der Unterwelt selbst beschwören und mit menschlichen Mitteln das Übermenschliche wagen. Seinen Begleiter, den Fährmann beruhigte Orpheus: „Du sollst dich nicht fürchten, denn ich habe nur die süßen Saiten meiner goldenen Leier als Waffe“. Unerschrocken macht er sich auf einen einsamen Weg in die Unterwelt. Das einzige was ihn begleitet, war seine Stimme und seine Lyra. Seine Trauer und seinen Schmerz legt er in einen betörenden Gesang. Durch diesen Klage- und Bittgesang, durch die Macht der Musik, stimmt er die Götter gnädig.
In seinen Sonetten an Orpheus betont Rainer Maria Rilke die Erfahrung des Dunkels: man muss es durchdringen, In-sich-Hineinhorchen, um zum Gesang zu kommen. Verwandlung oder das Prinzip der „Metamorphose“ ist eine Möglichkeit, der Gesellschaft Orientierung und Zuversicht zu vermitteln.
Im alten Testament gibt es die Geschichte der Harfe spielenden Hirtenjungen David, der durch sein Spiel die Schafherde vor wilden Tieren schützte. Ebenso besänftigte er durch seine Musik und seinen Gesang König Saul und wirkte wie ein Musiktherapeut auf dessen Seelenkrankheit, Schwermut, Melancholie und Depression ein.
Singen und die Stimme zu erheben ist existentiell. Die Tatsache, dass es den Gesang gibt, zeigt schon wie wichtig er für die Menschheit ist, sonst wäre er längst im Laufe der Evolution ausgemerzt worden.
Unter diesem Stern wird die Konzertreihe 2020/21 mit der international gefragten und von der Presse hochgelobten Sängerin Siri Karoline Thornhill aus Denzlingen und ihrer Partnerin an der Harfe Ursula Eisert (SWR-Orchester) eröffnet. Auf ihrem Programm stehen Lieder und Instrumentalmusik von J. Dowland, G. Paisiello, H. Purcell, D. Scarlatti, M. Ravel und B. Britten.
Die beiden folgenden Konzerte standen schon in der vergangenen Saison auf dem Programm, werden aber wegen der „Corona-Pandemie“ auf diesen Herbst verschoben. Die Cellistin Judith Wagner und ihre Partnerin am Klavier Shih-Yu Tang, beide kennen sich aus ihrer Studienzeit in Zürich und Freiburg i. Br., werden mit einer Cellosonate von J. Brahms und Pohádka (Märchen) von L. Janá?ek das Publikum erfreuen.
Die junge Mezzosopranistin Alina Kirchgässner und ihre Pianistin Areum Oh kennen sich ebenfalls durch ihr Studium in Freiburg i. Br. Sie werden die Maria Stuart Lieder von R. Schumann und Lieder von der französischen Komponistin C. Chaminade interpretieren. Weiter stehen auf dem Programm La flute enchantée für Flöte, Mezzosopran und Klavier und als besonderer Höhepunkt die Chansons Madécasses für Mezzosopran, Flöte, Cello und Klavier von M. Ravel.
Anlässlich des 250. Geburtstags von Ludwig van Beethoven werden Studierende und Lehrende der Hochschule für Musik Freiburg eine frühe Violinsonate, den Liederzyklus An die ferne Geliebte Op. 98, das späte Streichquartett Op. 130 und als krönenden Abschluss die Große Fuge Op. 133 zum Erklingen bringen. Auszüge aus dem fiktiven Briefwechsel von Bettina von Arnim und die Grabrede von Grillparzer ergänzen diese Hommage.
In seinem Klavierabend wird Michael Leuschner zwei große Werke der Klavierliteratur interpretieren: Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen - „ARIA“ mit verschiedenen Veränderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen“ „Denen Liebhabern zur Gemüthsergetzung verfertigt“ und Bilder einer Ausstellung von Modest Petrowitsch Mussorgski. Die einzelnen Sätze beschreiben Gemälde und Zeichnungen seines im Jahr zuvor gestorbenen Freundes Viktor Hartmann. Der Komponist sieht sich als Betrachter der Ausstellung. Die Musik ist reich an Klangfarben, expressiver Kraft, Dynamik und Intensität und schlägt eine Brücke sowohl zur bildenden Kunst, zum Tanz, zur Erzählung und zur Architektur.
Mit Liedern, Arien und Chansons möchten Sie Freunde und Weggefährten von Gabriele Kniesel mit einem abwechslungsreichen Programm in die wohl persönlichste Form der Kommunikation zwischen Künstlern und Publikum mitnehmen. „Jedes noch so kleine oder noch so große Lied ist Szene und Gestalt auf der Bühne des Menschenherzens“ aus: F. Martienssen-Lohmann - Der wissende Sänger. In der zweiten Hälfte des Abends werden Sie in die Welt der Oper und des Kabaretts entführt.
Das Trio Magos wird zum ersten Mal in Denzlingen zu hören sein. Dieses Kammermusikensemble ist das erste, das an der Freiburger Musikhochschule für den Studiengang Konzertexamen zugelassen wurde. Mit einem raritätenreichen Programm sind die drei jungen MusikerInnen ständig auf der Suche nach neuen Farben, Nuancen und Ausdrucksformen, die die besondere Besetzung ihres Trios aus Klarinette, Cello und Klavier bereithält. So haben sie das Trio Miniatures des russisch-schweizerischen Komponisten Paul Juon, dessen eigenständiger Stil von der Spätromantik geprägt ist, ein Trio von Günter Raphael, das durch expressive, romantische Züge und unverwechselbare Individualität besticht und das Trio Op. 114, ein Spätwerk von Johannes Brahms im Gepäck.
Im Namen des „Denzlinger Kulturkreis e. V.“ freue ich mich sehr, Sie bei unseren Konzerten begrüßen zu dürfen. Ihre Gabriele Kniesel, 1. Vorstand dk
Alle Konzerte finden im Kultur- und Bürgerhaus Stuttgarter Straße 30 in Denzlingen statt.
Die Veranstaltungen finden unter den vorgeschriebenen Covid19 -Hygienemaßnahmen statt